Mich schneiden die Spaghettis vom Spaghettistuhl ein im Rücken. Aber ich übe mich gerade mit der mir gewünschten « sérénité ». Es war noch « bonheur » mit im Satz. Wie grosszügig.
Sand
Feierabend
Nun liege ich in meinen Reithosen und einem wollenen Rollkragenpullover auf dem Sofa. Die Heizung plätschert wieder kalt und draussen schifft‘s in Strömen. Mit der Aussicht, in 48 Stunden bei 20 Grad das Meeresrauschen vom Bett aus zu hören, finde ich den Regen draussen gerade so richtig gemütlich. Und die schon wieder nicht funktionierende Heizung kann mir auch den Buckel runter rutschen. Denn bald sehe ich die Sterne in Athen, indessen man hier keine sieht.
Dafür sah ich schwarz hinter dem Steuer, als ich so mal gemütlich aber schnell zu Serafino fahren wollte. Denn seit hier die « Mairie » sich für eine der nahen Schweiz abkopierten Verkehrsführung entschied, nämlich die „Innenstadt“ (man beachte: « la ville (!) de Saint-Louis ») mit Einbahnstraßen, 30er Zonen, Velowegen, Fahrverboten, Baustellen und ähnlichem zu versehen, aber den 30‘000 Grenzgängern keine taugliche öffentliche Verkehsmittel-Alternative bietet, ausser einer Tramlinie, welche einem viel zu teuer stundenlang durch den Kakau führt, einem Distribüs, der entweder all Schaltjahr fährt, oder jetzt regelmäßig mit den Autos im Stau steckt, oder einer Zugverbindung, welche, wenn nicht zu spät ist, dann halt ganz ausfällt, seitdem ist hier Stau. Nimmt man das Velo, wenn es dann fahren würde, muss man sich in acht nehmen, nicht von einem verzweifelten Autofahrer, weil man wegen einer Baustelle vom Veloweg abweichen musste, aufgegabelt zu werden. Zudem riskiert man, wenn man kein VTT (vélo tout terrain = Mountainbike) hat, vor lauter Bordsteinen und Löchern und Steinen und Scherben, das Velo alsbald beim Velomech deponieren zu müssen.
Da mein Velöli zwar dem Saint-Louis Terrain stand hielt, aber nicht Serafino’s Hufeisen, immer noch auf seine Reparatur wartet, dem Herren Schweisser, welcher den gebrochenen Rahmen zusammenschweissen sollte, vielleicht sein Schweissgerät auch nur lauwarm wie meine Heizung wurde, musste mein Auto wieder mal dran glauben, und so stand ich, kaum aus der Garage gefahren, auch schon im hausgemachten Saint-Louiser Feierabendstau. Fast wie in Paris. Aber auch nur fast.
Kaum war ich ein paar Meter weiter, kam auch schon die Ambulanz mit Blaulicht von hinten sich durch die Schlange schlängelnd Richtung Autobahn zielend, wo logischerweise auch Stau war. Kaum verließ ich die « Stadt », ging es dann auch schon einigermassen flüssig voran, aber nein: 1km Stau zwischen zwei Dörfern war angesagt. Grand Est…Grand dESasTre!
Inzwischen nahm der strömende Regen schon seinen Anlauf, und, im Stall angekommen, glich die Stimmung eher sieben Tage Regenwetter. Der Stallmeister war in Trauerweidenstimmung, den Tränen nahe, da morgen das zweiundreissigjährige Herdenmitglied und Herdenoberhaupt von seinen Altersqualen erlöst werden wird. Zwanzig Jahre hat der Stallbesitzer ihm täglich mindestens dreimal Heu gebracht, Zusatzfutter gegeben, die Decke an und abgezogen, Medikamente verabreicht, die Nase gekrault, jede Silvesternacht und den « quatorze Juillet » mit ihm und den anderen verbracht, damit die Raketlis ihnen nicht um die Nasen fliegen. Das bringt selbst einen gestandenen Mann aus dem emotionalen Lot.
Auch mit Serafino war keine Kirschen essen. Normalerweise sieht er immer schon durchs Fensterlein in den Stall rein, wenn er mich hört. Heute war keine Serafino-Nase am Fensterchen zu spähen, und ich musste raus um nach ihm zu sehen. Er stand an der frisch gefüllten Heuraufe, sah mich kurz begrüssend an und frass weiter. Das war’s. Keinen Schritt wollte er freiwillig mit zu und mit mir machen. Ich musste ihn regelrecht mit Strick und Halfter in den Stall reinziehen, wo ihn sein geliebtes Mineralfutter erwartete. Aber er ass nur unruhig, rannte immer wieder sich fürchtend nach draussen und wollte zurück zu den anderen. Ob er wohl den Pferde-Sensemann am Sense schleifen sah?
Mir blieb nichts anderes übrig, als wieder in mein Auto zu steigen und im strömenden Regen durch die Strassen zu fahren. Zum Glück Richtung Basel, in den richtigen Feierabendverkehr. Wo einem Velo‘s , Fussgänger, Trams und Busse um die Nase fahren und vor die Nase treten. Hausgemacht. Aber durchdacht.
Tea Time
Nun sitze ich im seidenen Pyjama in der Küche auf dem Spaghetti-Sessel in meine Missoni-Wolljacke eingewickelt. Neben mir blubbert die kalte Heizung. Der Winter kam zu früh, wir hätten eigentlich noch Sommer, der Heizungsmonteur ging leider auch zu früh. Er hat am Freitag wohl die Heizungsanlage in Betrieb gesetzt, aber das warme Wasser vergessen. Es blubbert somit das in den Bergen geschmolzene Gletscherwasser in meinen Heizkörpern.
Haarsträubend
No risk no fun
Warten
Grünlicht
schnuppe
Bergtortour
Wie eine tote Fliege liege ich unter meinem schönen Moskitonetz zu Hause im Bett. Es gibt einem das Gefühl, in einem fernen Land in den Tropen zu sein. Draussen ist’s endlich heiss, aber ich mag nicht mehr. Diesen Text fing ich schon im total überfüllten Zug an, vom Berneroberland zurück. Und bin darüber eingeschlafen.
Ehrenplatz
Erledigt
Nun liege ich auf dem Dach, es brätscht endlich die Sonne, aber ein Windli geht, und halb im Schatten ist es richtig gemütlich. Sofern man es auf einem Kieselstein Flachdach liegen gemütlich nennen darf. Von unten brausen die Autos , von oben die Flugzeuge, und von nicht so weit höre ich den Soundcheck des ‚Conç‘air’ Festivals. Ich habe mich vorhin mal schlau gemacht, wer denn heute alles singt und spielt: Französische Rapper. Ohne Beatbox und Gescratche. Mit verzerrten Stimmen. Softie Rap. Tja, muss ich das mögen? Oder werde ich jetzt auch alt? Also das werde ich ohne darüber nachzudenken. Nur kommen mir meine Grosseltern in den Sinn, welche die elektrischen Instrumente und den Rock’n’Roll als unerträglich ansahen. Lärm! Meine Eltern den Hiphop als „die singen ja nicht, die labern“ abtaten, und jetzt kommt meine Generation, welche die verzerrten Stimmen und das Autotuning verunglimpfen. Da darf man doch mal fragen, ob ich jetzt eben alt werde oder bin.
Von weitem höre ich Gitarre und Schlagzeug. Immerhin nicht nur alles aus der Büchse. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Aber jetzt bin ich ein bisschen abgeschweift, denn ich wollte eigentlich von meinen Ferien schreiben. ‚Ferien auf Balkonien‘ hiess es doch früher. Bis vor kurzem hiess es ‚Ferien im Wohnzimmer‘ oder ‚Ferien unter dem Regenschirm‘. Aber über das Wetter wettern will ich jetzt auch nicht, denn es ist ja jetzt endlich schön, sondern über meine Schnapsidee, nicht für zwei Wochen oder mehr wegzufahren. Nicht wegen dem Wetter. Sondern: Türe zu und uffiderluege.
Stattdessen stresse ich mich mit Diesem und Sällem rum. Ein bisschen da mal ausmisten, hier mal aufräumen, flicken, erledigen, dort was helfen, Hand anlegen, was aufwändiges kochen, grillen, zu Serafino segglen, da ein Fest, dort eine Einladung, schnell dahin fahren und dorthin velölen… und schon sind die Hälfte der Sommerferien rum. Wo ich hinblicke, wäre noch mehr zu erledigen. Und ich bin erledigt. Vor lauter erledigen.
Dafür wollte ich nebst zu Serafino gehen (nicht segglen) viel malen, sogar Kurse nehmen, viel schreiben, am Rhein fläzen, lesen, Cembalo klimpern, wandern, gesund essen, nichts tun, und….. ich merke gerade, dass meine Wünsche und Ideen gechillt umsetzen absolut nicht in den zeitlichen Rahmen der doch so langen Sommerferien passen, und wohl die Umsetzung bis zu meiner Pension warten muss.
Da kommen mir gerade meine Ensemble-Frauen in den Sinn: „Chantal, wir haben keine Zeit, wir sind pensioniert!!“ Und dann lachen sie. Jetzt weiss ich warum!
Und weil ich gerade so gemütlich daliege, könnte ich doch meine Malutensilien holen und anstatt ein Föteli machen, ‚schnell’ ein Bildli malen. Voilà.
Rumpeldibumpel
Nun liege ich auf meinem Sofa und warte auf den Effekt meiner ersten Dosis Abführmittel. Jawoll, denn morgen Vormittag gibt’s eine Darmspiegelung. Ein Ü50-Muss. Vergebens habe ich die französische Variante, nämlich ins ‚Gigglä schissä’ (Elsässisch) vorgeschlagen. Mein Schweizer Dökti meinte nur: „In Basel gibt’s die Koloskopie“
Mittag
Fixundfoxy lag ich gestern am späteren Nachmittag auf meinem Sofa nach meinem Ausritt mit Serafino, welcher eigentlich mit gemütlicher Absicht hätte vonstatten gehen sollen und im „Krieg der Brämen“ endete. Wer gewonnen hat, ist nicht ganz klar. Klar aber ist: Wir haben überlebt, auf Seite der Brämen wurden einige Tote beklagt.
endlich
Pfupf
Abenteuer
Pilleli
Da liegen sie nun, die drei verschieden farbigen und formigen Pillen vor mir, welche ich zurzeit täglich schlucken muss. Ich komme mir vor wie eine... ach herrje, bald bin ich’s auch, es geht schneller als man denken kann. Und dann hab ich’s auch: das Sieben-Tage-Büchsli,
Mo Di Mi Do Fr Sa So,
leider keine Haribo.
Und hopp, mit ein bisschen Wasser, sind die drei Pilleli runtergeschluckt. Nicht zu vergessen, dass an meinem Arm noch ein Medizinalpflaster klebt. Ein ernsthaftes. Von den drei Pillelis sind zwei Vitamine, die dritte ist fürs Herz. Auch eine ernsthafte. Damit ich noch lange lebe. Da kann ich gleich ein lustiges Geschichtli dazu erzählen. Nämlich , dass der Dökti fand, ich müsse die Ration der Herzpille verdoppeln. Also zwei von denen, welche ich nehme. Das hab ich dann brav gemacht, hopp, täglich zwei runtergeschluckt, und mir, als die Packung leer war, mit dem neuen Rezept in der französischen Apotheke zum Viertel vom Schweizer Preis eine neue Packung geholt. Und hopp, ein bisschen Wasser, da sind die zwei Neuen auch schon runtergeschluckt. Ich seh aufs Schächteli. 5mg. Mal zwei gibt 10mg. Waren die alten nicht zusammen 5mg? Hm. Ich ging im Abfall graben. Tief durch meine letzten Tage hindurch, igitt, denn so Aluminium fällt gerne nach unten. Aber wer gräbt der findet. Dann fehlte noch die Lesebrille…mal sehen: 2,5mg steht da. Huch. Die 4 fache Ration habe ich soeben geschluckt. Jessesmaria! Was nun?
Ich steckte meinen Finger in den Hals, autsch, aber mehr ging gar nicht. Ein Glas Wasser und nochmals, auch nichts. Zum Glück wollte ich nie Bulimie haben!
Dann las ich auf Google. Gar nicht lustig. Die versprachen mir den Tod. Von Atemstillstand bis zu Herzversagen: sofort einen Arzt oder am besten in die Notfall. Und ja nicht Autofahren.
Es war Samstag. Da kam nur die Notfall in Frage.
Hü, Chanti, Hü, unter die Dusche, und mit nassen Haaren rannte ich danach auf den Distribüs. Meine Freunde u Arbeitgeber wurden vor meinem eventuellen baldigen Tode informiert, oder knapp davor, mindestens im Koma, denn ich sah mich schon bald im Spital an den Schläuchen hängend, mit Ärzten rund um mich herum zur Reanimation. Im Dornröschenschlaf.
Der Bus hielt vor dem Spital in Basel. Ich eilte in die Notfall, bevor mein Atem und Herz stillstehen würde. Zum Glück war nicht viel los. Nach kurzem Ausfragen wurde ich sofort an ein Blutdruck-Messgerät gehängt und: 120 auf 165! Kein Wunder bei dieser Todesangst! Ich glaube, beim Anblick dieser Zahlen, ging mein Blutdruck grad noch e weeneli runter. Nun, ich wurde nochmals ausgefragt u dann einem Notfall-Hausarzt zugeschrieben, langsam spürte ich meinen tiefen Blutdruck. Der Atem ging noch gut. Eine halbe Stunde später war ich schon wieder an einem Blutdruck-Messgerät, 95 auf 135. Naja. Was ist jetzt mit dem Herzstillstand? Dann kam der Arzt lächelnd und meinte, so eine Ration könne einem nichts schlimmes antun, höchstens mich mal in den Chillmodus versetzen. Aha. Dann doch keine Schläuche. Aber noch nicht Auto fahren, weiter beobachten, am Nachmittag sei dann alles wieder möglich. Soso.
Und so war’s dann auch. Voll gechillt, vorerst mal psychologisch, ging ich in die nächste Confiserie, bestellte einen Cappuccino mit einem Schoggiweggli, und genoss das gechillte Dasein. Es fühlte sich schon fast an wie eine Wiedergeburt. Dann trödelte ich durch die Stadt, sah gechillt die Schaufenster an, immer noch in Erwartung, jetzt doch vielleicht noch im Stehen einzuschlafen oder weniger Luft zu haben. Aber ich lief aufrecht mit gesundem Atem und flanierte bis zum Bahnhof, wo ich den Zug zurück nahm. Zu Hause war ich dann so gechillt und erledigt, wohl von der Aufregung, dass ich eine Runde schlafen ging. Mein Blutdruck Messgerät war auch im Chillmodus. 70 auf 110.
Am Nachmittag ging ich zu Serafino, und danach musste ich nochmals schlafen gehen bis mich mein lautes Schnarchen aufwecken liess. Der Blutdruck war zwar immer noch im unteren grünen Bereich, mein Verhalten fand ich aber eher alarmierend. Schnarchend einen Samstag Nachmittag verbringen ist ja so was von unbrauchbar. Da frage ich mich ja nach dem Sinn des Medikamentes. Oder dem Sinn des Gesundheits-Zustandes.
Längeres schnarchendes Dahinvegetieren oder kürzeres waches auf die Pauke hauen?
Der Dökti meinte dann ein paar Tage darauf, meine Notfall-Aktion kommentierend, die doppelte Ration reiche vorläufig. Man wolle ja noch was vom Tag mitbekommen. Uff. Das meine ich auch. Und vom Leben !















