Hysterisch

Nun sitze ich im Kücheneggli, der Ofen brummt. Drin ist eine Krautstiel-Rübli-Wähe. Mit Feta. Mein eindeutiger Wähenkäsefavorit. Bevor ich mit der Wähe anfing, hätte ich am liebsten Brot mit was auch immer in mich hineingestopft, so hungrig war ich. Aber die Krautstiele mit ihren lustigen orangefarbenen Stängel warteten schon seit letztem Mittwoch Abend auf ihren Turnus. So war nix mit schnell schnell essen, dafür gibt‘s dann bald was sehr feines.

Heute Morgen schlief ich wieder so was von lange, als ob ich krank wäre. Interessanterweise erwache ich in letzter Zeit aus äusserst seltsamen Träumen. Vorgestern fielen mir alle unteren Schneidezähne aus, und eine nächste Reihe, sehr seltsam geformt, weiter hinten, war schon parat als Ersatz. Die ausgefallenen Zähne waren so klein wie Milchzähne und ich fragte mein Entourage, was ich mit denen jetzt machen solle. Heute Morgen erwachte ich aus einem Traum, in welchem ich einen Platz in meinem geträumten neuen Heim, in welchem ich angeblich Gast war, suchte, um malen und schreiben zu können. Vielleicht war das eine Andeutung, mir eventuell ein neues Heim zu suchen, da es hier immer noch in die Badewanne regnet und die Verwaltung seit drei Monaten angeblich niemanden findet, welcher unser Dach saniert. Wenn ich doch nur ein Mann wäre, dann könnte ich einmal richtig mit tiefer Stimme rumtoben. Und mit Anwalt drohen. Aber als Frau bin und bleibe ich hysterisch.

Apropos hysterisch: Endlich aufgerafft radelte ich (nach dem Sonnenschein) im Regen zu Serafino, welcher wieder im Wintermodus ist: Beissig, schreckhaft, ungehalten oder eben: Hysterisch. Da es schon gegen vier war, viel Feierabendverkehr hatte u einige Menschen im Dörfli unterwegs waren, entschied ich mich, anstatt wieder mit einem rumtobenden, hengstartigen, widerspenstigen 500kg Vieh durch das Dorf zu spazieren und Leute erschrecken, ihm seine Hufe zu schleifen. Er fand es recht langweilig und versuchte den Knoten seiner Leine aufzuknabbern, was ihm meist, aber nicht heute, gelingt. Und wenn ihm der Staub seiner Hufe von der Schleifmaschine am Bauch gespickt kitzelt, stellt er sich auch ganz doof an und wir bekommen Streit. Aber heute, als ich an seinem Problemhuf schliff (und immer noch Sehnenproblembein), kam ich auf einen ehemaligen Hufabszess, welchen er scheinbar mit Würde erduldet hat, ansonsten ich ihn ja hätte vorher bemerken müssen. So viel zu meinem hysterischen aber tapferen Rössli.

Und während ich da so meine Zeilen schreibe, merke ich gar nicht, wie die Zeit rumgeht und meine Wähe im Ofen… Jessesnei! Grad noch knapp nicht verkohlt. Ein paar Krautstielblättli wurde es zu heiss, aber der Rest… Glück gehabt! Bon Appetit!

Kätzchen

Kätzchen

Mit dem letzten Glas « Neier Siasser » und frischem Fenchel aus dem neuen Gemüsekorb im Magen, was für eine spontane Kombination, liege ich wieder mal auf dem Sofa. Meine Heizung plätschert und draussen grölen die Alkis. Meine Ohren sausen von den zu lauten Sopranblockflöten heute.

Ohrensausen

Ohrensausen

Jetzt liege ich ganz erschöpft aber seelig unter meinem zusammengeknüpften Moskitonetz-Himmel im Bett , meine Ohren rauschen, gerade wieder ein bisschen mehr, aber zu dem warum komme ich noch. Erst einmal klingt noch der Dvorak in mir, den die vielen Frauen so schön gesungen und gespielt haben. Klänge aus Mähren.

Greyerzer

Greyerzer

Nun sitze ich in meinem Lieblingseckli in der Küche, der Ofen surrt, eine neue Kreation Wähe ist da drin. Sozusagen eine „i lueg in mi Kiehlschrank“-Wähe. Alles Gemüse, welches noch herhielt. Lauch, Rübli, eine kleine verschmürzelete Zucchini, Zwiebel, Knobli, u einen Härdöpfel.

Sieben Zwerge

Sieben Zwerge

Nun sitze ich in Sissach vor dem Café, Beine bis und mit Bauch gewärmt von der Sonne, neben mir auf dem Tisch ein Resten Cappuccino, er ist nicht der beste, nebendran aber ein leerer Teller auf welchem nur noch ein paar Krümel zu finden sind, feinstes Laugengebäck ruckzuck aufgegessen, und komme gerade mal zur Ruhe.

Smoke on the water

Smoke on the water

Ach war das herrlich, dieses frühzeitige Sommer-Wetter! Am ersten Mai pilgerten die Menschen scharenweise an den Rhein , das Grillgut wurde gebraten, der Rauch zog auf das kalte Wasser und wurde flussabwärts getragen. ‚Smoke on the Water‘ kam mir in den Sinn.

Osternest

Osternest

Eigentlich sollte ich ja in Italien sein. Aber da es dort seit einer Woche Bindfäden regnet, habe ich mich entschieden, zu Hause den Regen zu geniessen. Vor ein paar Tagen musste ich es ganz schön büssen, hei war das kalt, und gerade, als ich mit dem Velo losfuhr, fing es an zu schiffen, selbst ein Stopp im Laden half nichts.

Papagei

Papagei

Nun sitze ich auf meinem Dach mit dem Papagei im Caipi-Glas. Er muss immer wieder tanzen, damit der schon zweite Drink gut vermischt ist. Es ist gerade ein bisschen frisch, da die bald untergehende Sonne hinter dem Lichtschacht des gegenüberliegenden Gebäudes steckt.

Herz

Herz

Nun sitze ich auf einem schicken Holzstuhl in der Confiserie Bachmann, habe noch kurz gedacht, ob ich mir nicht einen eleganten Sessel im Trois Rois gegenüber gönnen soll, aber das beste Schoggiweggli und die beste Faschtewaie der Welt gibt’s nur hier und hat mich sofort die Polsterung vergessen lassen. Zudem sitzt es sich hier gesünder als so eingefallen im Sessel.

Weiss

Weiss

Nun sitze ich wieder einmal auf meinem Sofa, blicke auf die alte Bernina Nähmaschine auf meinem Esstisch und bin ganz stolz, dass sie da steht, und dass das schon seit über einem Jahr zu flicken Angestandene endlich geflickt ist. Die Nähte meines eigentlich relativ neu erstandenen, sündhaft teuren Support-the-local-dealer-bayrischen-Loden-Reiteroutfit.

Spinnennetz

Es ist ja nicht so, dass es da in meinem Leben gar nichts zu erzählen oder zu reflektieren gäbe. Auch gibt es mein Sofa immer noch.

Auch Serafino, jetzt mit seinem flauschigen Winterpelz, einbalsamiert in eingetrocknetem Matsch, sich wohl vor Knuddelattacken schützend, ist immer noch munter.

Nigginäggi

Nigginäggi

Nun liege ich wieder mal auf meinem Sofa, schon im Pyjama, und bin auch langsam wieder entspannt. Draussen sind wohl noch einige Samichläuse auf dem Nachhauseweg. Wobei sich hier in Frankreich je länger je mehr der « Père Noël » durchsetzt, welcher erst am Weihnachtsabend kommt.

Prinzessin

Wann haben sie zuletzt die Haare einer Puppe gekämmt? Ich sass heute Sonntag Morgen früh, nach zwölf Stunden Erschöpfungsschlaf, auf meinem Sofa und kämmte die Haare der Kasperlifiguren-Prinzessin. Denn, obwohl wir gestern ihre Haare kurz vor ihrem Einsatz zurecht gestrichen hatten, sah sie bei ihrem Auftritt aus, als ginge sie an ein Punkkonzert. Hier sei erwähnt, dass sie zudem noch Brünette ist, was den Teenager-Girls gar nicht passte. Sie wollen eine blonde Prinzessin mit langen Haaren. Und einem schönen Kleid. Diese Prinzessin sei dunkelhaarig, zerzaust und hätte noch einen Zahnpastafleck auf ihrem fürchterlich langweiligen gelben Kleid. Mein Einwand mit dem klischeehaften Argument galt nicht. Oder zumindest vorerst nicht. Am nächsten Tag, brachte ich die blonde Prinzessin mit, leider auch mit zerzaustem Haar und erst noch einem Pagenschnitt. Das ging schon gar nicht: „Wiene Bueb“. Zweites Klischee. Dann fanden sie, dass die Prinzessin doch dunkel sein darf, aber lange Haare müsse sie haben. Zudem hatte die blonde keine echten Haare wie die Brünette, sondern Fädeli-Haare und ein zwar fleckenloses blaues Kleid, welches aber bei dem blau angemalten Theater eher zur Camouflage verhalf. Also doch brünetter Punk mit Zahnpasta Fleck.

Die Auserwählte musste sich natürlich bei jedem Auftritt entschuldigen, dass sie keine Zeit hatte zum Haare Kämmen. Jetzt, mit den gekämmten Haaren, muss sie sich in Zukunft nur noch für den Zahnpasta-Fleck entschuldigen. Der ging nämlich heute nicht weg.

Auch die Fädeli-Haar-Prinzessin wurde gekämmt. Interessanterweise ist der Pagenschnitt original, sie ist die echte Prinzessin, es sind Lotte Sievers Hahn Puppen, und Website erklärt mir weiter: Die Brünette ist die Königstochter. Heieiei. Zum Glück habe ich sie heute ein bisschen zurecht gemacht. Die arme! Und gelernt habe ich auch was. Sind also die Prinzessinnen blond und die Königinnen-Töchter brünett. Was ja auch eine Prinzessin ist, aber eine direkte Tochter des Königs.

Der Grund, warum unsere Prinzessin überhaupt so wichtig war, war nämlich der Gedanke, dass in den Märchen die weiblichen Protagonistinnen mit Ausnahme der Fee entweder doof, eingesperrt, eingeschlafen oder böse sind, und nur die männlichen Protagonisten Helden sein können. Da ich aber unter Zeitdruck stand und nur sympathische weibliche Puppen mit montierter Krone besass, oder das Rotkäppchen, musste die Prinzessin Carla her, so heisst unsere Heldin. Sie durfte das ganze Theater ansagen und ihre Blockflöte dem albernen Kasperli ausleihen, welcher so dumm tat, dass ihm das Instrument zuerst verzaubert und dann auch noch gestohlen wurde. Zum Glück gab es liebe Tiere und das grandiose Publikum, bestehend aus Kindergärtnern und PrimarschülerInnen, welche dem Kasperli halfen, alle Aufgaben zu lösen, damit er die ausgeliehene Flöte wieder spielbar zurückbekam. Den Kasperli fanden die Kinder besonders doof, vor allem, als er der Königstochter Carla erzählte, er habe ganz brav damit gespielt. Lügen geht gar nicht. Aber wie Mädchen so sind, gutmütig und hilfsbereit, um jetzt da mal ein positives Klischee aufrecht zu erhalten, hat Carla ihm sogar noch Unterricht bei ihrem Vater, dem König angeboten. Ich frage mich gerade, wie dies das Publikum fand. Immerhin war alles wieder gut und alle waren zufrieden im Märchen. Das könnte dann die Kinder auch beruhigt haben.

Nun sollte aber mein nächstes Märchen noch ein bisschen mehr Klischee frei werden. Der Teufel soll böse bleiben, die Hexe auch, aber die Carla mit Zahnpastafleck hat immerhin die Zähne geputzt, was der Hexe in ihrer Jugend fehlte, darum hat sie ja auch so fürchterliche Zähne. Aber Heldinnen wie Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertochter sollten auch im Kasperlitheater mehr Vorbild sein.

Kommt Zeit kommt Carla!

Sinne

Nun bin ich ja froh um mein Handy, da kann ich gemütlich kurz ein Päuseli machen auf dem Sofa, und meine Gedanken reindöggelen. Ich bin nämlich am Aufräumen u Putzen, währenddessen ich am Sprachnachrichten anhören und kommentieren, philosophieren, und was man da ja alles so tolles damit machen kann, bin. Dann poppt ein Herz auf im WhatsApp, auf einen versendeten Link von gestern; welcher war das nochmals? Ach ja, das Interview mit Françoise Sagan. Jetzt sollte ich aber noch in die Dusche springen, aber zuerst muss ich noch mein Aufgeräumtes verräumen, damit der Weg frei ist zum Staubsaugen, sollte Antwort geben auf die letzte Nachricht, mit der Putzfee etwas besprechen. Und dann muss ich noch schnell, währenddem ich hätte, ….

Fast wäre ich abgeschweift. Aber nur fast. Jetzt komm ich zum Thema: Der Reizüberflutung. Oder besser der Sinnesüberflutung.

Ist man doch heute immer und überall am Kommunizieren und sich Informieren. Man macht was, dazu hört man oder schwatzt man. Wohin man geht gibt’s was zu hören und zu sehen, Musik oder Stimmen. Im öffentlichen Verkehrsmittel einen Film oder Facebook & Co. Zu Hause sitzt man vor der Flimmerkiste, die Bildschirme sind meist so gross wie ein Kinoleinwand von anno dazumal, oder man liegt mit dem Smartphone irgendwo. Podcasts, Interviews, Hörbücher… Ansonsten gibt‘s online Seminare, online Kurse und online Weiterbildungen.

Es gibt immer und überall was zu lesen. Werbung, Warnung, Paragraphen, Kleingedrucktes, Beipackzettel, Emails, Nachrichten. Selbst Bücher und Musikalien sind immer und überall zu downloaden. In allen Sprachen und Schriften. Handschriften, original Drucke, beste Qualität. Niemand führt heute noch eine Diskussion, ohne sich nicht zu vergewissern, ob er jetzt richtig liegt, oder was in der Zwischenzeit passiert ist. Alles ist spannend. Wir wollen wissen, hören, sehen…. Alles…. Immer…. Mehr mehr mehr…

Es gibt weder Dunkelheit noch Ruhe für das Auge. Überall Lampen, Leuchten, Laternen, Werbeschriften, Notausgangslampen in Räumen…

Selbst nachts ist es nirgendwo mehr ruhig. Nicht nur in den Städten, auch auf dem Land summen heutzutage die Wärmepumpen, Kimaanlagen und/oder die Swimmingpool-Filter im Garten, die Landwirte arbeiten mit ihren Maschinen mit Beleuchtung auf den Feldern. Die Fischerei mit Leuchten auf den Gewässern.

Und wo und wann ruhen unsere Sinne?

Sind wir von Sinnen?

In der Zwischenzeit ist es Abend geworden. Der Vollmond leuchtet. Vielleicht ein Volmondritt?

Ich brauche gerade mal ein bisschen Pause, um zu überlegen und mich zu erholen. Mein Magen knurrt. Der Blumenkohl wartet. Also kein Ritt, und auch kein neues Rezept, sondern das meiner Kindheit: Blumenkohl mit Béchamel und Reis.

Für die Sinne. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Féminité

Die Winterzeit ist ganz und gar nicht mein Ding. Nur einen Vorteil hat sie, ich kann mit gutem Gewissen eine Stunde länger im Bett liegen. Heute las ich mich also eine Stunde mehr durch die Zeilen des Buches von Heide Göttner-Abendroth. Und übte mich weiter an der « sérénité ».

Denn da als Frau ‚serene‘ zu bleiben, verlangt so einiges ab. Generell verlangt das Leben als Frau in unserer Gesellschaft einiges ab. Denn dass wir vor ca 8000 Jahren langsam und stetig weltweit unter die Fuchtel, in Besitz und Ausbeutung des Mannes gerieten, nämlich indem er sich immer mehr der friedlich gedachten Technik kriegerisch bediente, mit Ross, Wagen und Waffen alle Macht an sich riss, zu kriegen begann, und wir bis heute unter seiner ausgedachten, für ihn praktischen Herrschaft leben müssen, um ihm Vaterschaft zuzugestehen, das steckt man auch mit einer extra Stunde Winterzeit und « sérénité »-Übungen nicht so schnell weg.

Was bleibt uns aber ausser halbbrav mitzumachen, ein bisschen zu trotzen und mitanzusehen, wie selbst die jungen Frauen heute immer noch an diesen Schmarren wie „bis der Tod uns scheidet“ glauben, sich dem männerorientierten Vorbild unterwerfen, selbst oder gerade in der Schweiz, neben dem Kinder nach vorgegebenen, patriarchalen (!) Richtlinien zu erziehen, zwar ein bisschen in von Männern dominierten Firmen und Institutionen arbeiten, aber finanziell völlig abhängig vom Mann sind, und sonst vom Staat und dessen männlichen Führung?

Da brodelt in mir die « féminité ». Und fertig ist es mit meiner « sérénité ». Was für ein gut ausgedachtes Wort, um Ungutes zu vertuschen, zu verschweigen, um über das Elend hinwegzusehen, und Schiefes gerade zu meinen, Unmut im Keim zu ersticken, Ungerechtigkeit stehen zu lassen und weiter machen wie bisher, nämlich wie es dem Mann so passt. Krieg, Zerstörung, Ausbeutung, Macht, gekrönt mit ein bisschen Gleichgültigkeit und ein weeneli lustig sein.

Oder täusche ich mich vielleicht?!

Ja, ooohmmmmm Chanti ooohmmmmmm!